Dienstag, 31. Dezember 2013

Igelbrinks Stolz



Das Jahr 2014 soll mit einem besinnlichen Gedicht begrüßt werden:

Gorillas sind nicht schöner als
Herr Igelbrink, jedoch ihr Hals
scheint etwas dicker. Vom Genick her
ist dieser Mann ums Kennen schicker.

Ansonsten hält der Unterschied
sich sehr in Grenzen, Augenlid
und Fingerglied sind gleich beschaffen,
womit ein netter Reim zum Affen

gefunden ist und Igelbrink -
als lang gesuchtes „missing link“ -
sich sehr geschmeichelt fühlt. Er badet
im Ruhm und fühlt sich hoch begnadet.


Bleigießen und anderer Aberglaube




Aberglaube, von abergläubischen Menschen als solcher nicht empfunden, ist weit verbreitet und führt gerade zu Silvester oft zur vollständigen Aushöhlung rationaler Urteilsfähigkeit.   So gibt es tatsächlich Leute, die erhitztes Blei in kaltes Wasser werfen, um aus den verschiedenen Erstarrungsformen die Zukunft zu deuten. Erkennt man in dem entstandenen Klumpen zum Beispiel einen Sarg, so legt ein Funken Restverstand dies etwa als Goldbarren aus, der im folgenden Jahr Wohlstand ins Haus bringen wird.
Manche Bauern gehen so weit, dass sie ihre Zuchtschweine mit Hufeisen bewerfen. Hin und wieder wird dabei ein Rauchfangkehrer getroffen, den der Glückswerfer mit einer schwarzen Wollsau verwechselt. Was bleibt über, als dann zum Trost und zur Heilung vierblättrigen Klee aufzulegen – dem Rauchfangkehrer, nicht der Wollsau. Nun, wie auch immer. Ich lasse mich von derart archetypischen Vorstellungen nicht beeinflussen.
Gut, ich reiße verärgert Geschirrtücher und andere Textilien von Aufhängevorrichtungen aller Art, denn, wie jeder weiß, darf über Silvester keine Wäsche zum Trocknen ausgelegt sein. Leitern liegen bei mir vorsorglich auch in der Garage auf dem Boden. Ein versehentliches  Durchgehen unter einem solchen Gerät wird dadurch verunmöglicht. Verunmöglicht ist übrigens ein Wort, dass auch nur Abergläubische als deutsch empfinden.
Der schwarzen Katze des Nachbarn habe ich mit wasserfestem Spray weiße Streifen ins Fell gezaubert. Was soll dieses liebe kleine Zebra da noch Unheil verbreiten können?
Wie gesagt, besonders zum Jahreswechsel hin, macht sich ein Mensch, der sich der Vernunft verschrieben hat, so seine Gedanken über Mitmenschen, die der Epoche der Aufklärung  durch die Maschen gefallen sind.

Montag, 30. Dezember 2013

Silvester-Knallerei




Man mag zur lärmenden Begrüßung des neuen Jahres stehen, wie man will. Eines ist nicht zu bestreiten, Haus- und Wildtiere würden den dezibelträchtigen Krawall nicht vermissen. Nun, ich bin nicht Besitzer eines Hundes, halte auch keine Katze als Hausgenossin, aber ich bin trotzdem in großer Sorge. Um meine Silberfischchen nämlich, die gerade wegen ihrer Scheu und ihrer betulichen Heimlichkeit immer zu Silvester in Panik versetzt werden.
     Nach jedem Böllerschuss, nach jeder platzenden Rakete zittern sie den Fliesenfugen entgegen, verweigern über Tage, sich an Hautschuppen gütlich zu tun, ja, sie sind ganz einfach zutiefst verstört. Da hilft kein gutes Zureden, kein Locken mit Zucker oder Semmelbröseln. Dieser Zustand dauert gewöhnlich bis nach Dreikönig an. Was kann man diesen sanften Wesen Schlimmeres antun?
     Verstehen Sie nun, warum meine Haltung zu dieser Knallerei eindeutig – und zwar ohne Einschränkung – ist?

In der Buche hängt ein Seil




In der Buche hängt ein Seil,
ich erwähne dieses, weil
an dem Strick hängt Ottokar,
der mein Onkel ist (jetzt war).
Das Prädikat im Nebensatze
vor Ottokar steht falsch am Platze.
Doch weil der Onkel jetzt begräblich,
ist rechte Syntax unerheblich.


Konkordanz


Träger berühmter Familiennamen kommen auch ohne vorangestellte Rufbezeichnungen ganz gut aus, Schiller etwa ohne Fritz und Goethe ohne Johann Wolfgang. Träger berühmter Vornamen brauchen aber schon die Familienbezeichnung, um eindeutig erkannt zu werden. Ein Wolfgang Amadeus könnte auch der durchaus unbekannte Herr W.A. Pichler aus Strutzing sein und der Herr H.C. muss nicht unbedingt Andersen heißen.
Befremdlich wird die Sache erst, wenn man die Familiennamen der Berühmtheiten mit willkürlichen Vornamen versieht. Da stürzen dann Weltbilder ein und Geschichte muss neu geschrieben werden. Man denke nur an Felix Mozart, Martin Goethe, Bruno Luther, Karl-Heinz Tell oder – die Vorstellung verschreckt mich – etwa an Wenzel Baumgartner.

Sonntag, 29. Dezember 2013

Abgesang


Der Henker legt die Schlinge
um meinen Hals. Ich singe,
dann kann ich’s plötzlich nimmer,
vermutlich jetzt für immer.
Wer jodeln will, sollt Pfählen
als Todesurteil wählen.