Sonntag, 2. Februar 2014

Berufsprofil





In der Pausenhalle einer Schule, na, man darf es ja erwähnen, in der Hauptschule Abtenau (Lammertal, Salzburg, Österreich – für die Leser aus Schleswig-Holstein) sonnten sich unter einer Infrarotlampe in einem geräumigen Terrarium zwei gar nicht mehr so kleine Kaimane, also südamerikanische Krokodile.

So lagen sie auch da, als eine neu an die Schule versetzte Biologielehrerin interessiert an das Terrarium trat. Sie fragte dies und erkundigte sich über das, schließlich warf sie ein, dass sie diese Tiere nie bei offener Terrarientür betrachten würde. Schon während die Kollegin so entspannt dahin geplaudert hatte, regte sich in mir eine unheimliche Seite menschlicher Hintertücke. Auf ihre Festlegung, die Krokos nur bei hermetischer Abriegelung zu beobachten, meinte ich nur kurz: „Das ist aber schon blöd“. Erstaunt fragte sie zurück, warum dies ausgerechnet blöd sei. Ich erklärte mit gebotenem Ernst und wohl auch mit einigen vorsichtshalber aufgesetzten Sorgenfalten: „Weil die jeweils jüngste Biologin an der Schule die Pflege der Tiere übernehmen muss. Vor allem das Zähneputzen, hob ich hervor, das wäre halt so eingeführt an dieser Schule. Auffallend eilig beendete die Kollegin die erste Kontaktaufnahme mit ihren vermeintlich späteren Pfleglingen und entschwand in Richtung Konferenzzimmer. Ich aber ging, den Schalk immer noch im Nacken, wie man es – aus welchen Gründen immer – so wenig zutreffend ausdrückt, nach Hause. Die Krokodile grinsten, was aber nicht viel zu sagen hatte, weil Krokodile auch im Trauerfall ein ziemlich eingefrorenes Grinsen zeigen.

Über das Wochenende hatte ich die Sache schon vergessen, der Montag brachte sie mir allerdings wieder in Erinnerung und zwar in außergewöhnlich peinlicher Weise. Ich wurde gleich nach meinem Eintreffen zum Direktor in die Kanzlei gerufen. Er begrüßte mich ungewohnt ernst. Es musste sich also um etwas Dienstliches handeln: „Was hast du denn mit der Kollegin S. angestellt? Sie kam am Freitag in Tränen aufgelöst zu mir, schluchzte so, dass ich kaum ein Wort verstand, außer dass sie irgendetwas unter keinen Umständen tun würde und dass sie sich von dir überhaupt nichts anschaffen lasse. Was, bitte, war denn da los?“ Der Schulleiter schaute mich fragend und gleichzeitig missbilligend an. Ich musste Farbe bekennen. Komisch, ich fühlte plötzlich wieder frischen Luftzug im Nacken. Der Schalk war verschwunden.

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