Herr Karl Maier, praktisch katholisch, aber nicht praktizierend und
Frau Margarethe Maier, konfessionslose Katholikin – so nannte sie sich kokettierend
selbst – überlegten wenige Wochen vor dem Weihnachtsfest, ob sie für dieses
Jahr einen Christbaum aufkränzen sollten – oder es doch einmal mit einem Fisch
oder einem anderen Symbol zu versuchen. Herr Maier plädierte für überhaupt kein
Symbol. Diese Überlegungen stellten sie laut an, so laut, dass es der Mann
ihrer erwachsenen Tochter – Najib – und Kurt, der jüngste Sohn der Maiers überdeutlich
vernehmen konnten. Protest war angesagt, am lautesten räsonierte Najib, der
schon eine Krippe gebastelt hatte, eine orientalische, die er unter den
Christbaum stellen wollte.
Der zutiefst christliche Widerstand obsiegte, Weihnachten nahte aus
allen Nähten und schließlich stand eine prächtig geschmückte, hohe Tanne in
Maiers Wohnzimmer. Besonders hatte sich Frau Maier um eine Vielzahl herrlicher
Honigkerzen bemüht. Wenn schon, denn schon.
Herr und Frau Maier fanden es angebracht, in diesem Jahr auch die
Mitternachtsmette zu besuchen. So ganz wollte man Kurt ja nicht dem Religiösen
fernhalten und für Najib war die Geburt Isas, Miriams Sohn ohnehin auch ein
Fest, das es zu feiern galt, in Ermangelung einer Moschee eben in der Kirche.
Der nächtliche Gottesdienst nahm seinen Lauf mit überaus festlichem
Charakter. Kurt riss zwar zerstreut ein Blatt aus dem Gotteslob, war aber auch
vom Feierlichen sehr angetan, bis ihm einfiel, dass er vor dem Weggehen die
hübschen Kerzen noch einmal angezündet hatte. Alle. Da er dann schon zum Gehen
gedrängt wurde, vergaß er das bei Kerzen angebrachte Löschen. Der Rest der
Familie stand schon im Freien und hatte keine Ahnung von den lustigen Zünglein
auf dem Baum. Ja, daran dachte Kurt jetzt jede Sekunde. Die Besinnlichkeit war verschwunden,
vielleicht vor Scham und Schrecken gewichen. Angst bestimmte das Denken von Kurt für den
Rest der Mette. Als er glaubte, eine Sirene zu hören, musste er sich setzen,
obwohl alle in den Bänken standen.
Hinzufügen muss ich, dass die Maiers stillschweigend überein kamen,
das Fest auch als großes Versöhnungsfest zu betrachten und mit diesem Gedanken stapfte
die Familie rotbäckig und voll des inneren Friedens im Neuschnee nach Hause.
Kurt fehlte die seelische Ruhe völlig.
Das Haus war bis auf die Grundmauern abgebrannt. Die Eltern ahnten
die Vorgeschichte, strichen Kurt aber verzeihend über die Haare, das heißt,
eigentlich war es die Haube. Die erste und wohl auch beste Gelegenheit Versöhnungsbereitschaft
zu zeigen.
Sehen Sie, liebe Leserinnen und Leser, diesen Schluss glaube ich
einfach nicht.
Ich glaube schon das mit den Kerzen nicht. Der Junge hat doch sicher - man kennt doch diese Radikalinskis - Brandsätze gelegt, bevor die Familie zur Kirche ging. Und dann auf zerknirscht machen. Und Kurt ist sicher ein Schläfer, den man seinerzeit auf der Entbindungsstation in die Familie eingeschleust hat. Er fuhr vermutlich immer besonders gern mit der Talba(h)n. Da weiß man doch alles. Diese Salatfisten schrecken vor nichts zurück (auch wenn ich nicht weiß, was die Faust im Salat soll). Aber dass sich dann ein Verlag dazu hergibt, das ganze zu einer Weihnachtsgeschichte zu verniedlichen, ist das Allerletzte. Gut, dass Du uns da aufmerksam gemacht hast, Ingo. DANKE!
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