Die Satire ist als eine Spottdichtung zu verstehen, die Zustände
oder Missstände in sprachlich überspitzter Form anprangert. Dass das Wort aus
dem lateinischen satura lanx (mit Früchten gefüllte Schale) hervorgeht und
nichts mit Satyr zu tun hat, ist nicht satirisch gemeint, sondern Tatsache.
Satiren zu schreiben ist deshalb besonders schwierig, weil das
Angeprangerte in diesen Texten für viele derart normal erscheint, dass die
Geschichte einfach nicht verstanden wird. Das trifft zum Beispiel auf weite
Bereiche der Politik zu. Wer kann da schon Satire von Realität unterscheiden ?
Nicht ganz umsonst hat sich das an und für sich läppische „Achtung
Satire!“ eingebürgert. Eine Spottdichtung sollte man auch ohne Hinweis als
solche erkennen.
Nun, bei der folgenden Geschichte, die, in Klammer gesetzt, als Satire
ausgewiesen war, konnten einige Leser nicht den Hauch einer spöttischen Betrachtung
erkennen, weil sie ganz einfach das Angeprangerte als üblich und nicht zu kritisieren fanden:
Bei
selbst wohlwollender Beurteilung sind Haushühner durchaus nicht so liebenswerte
Geschöpfe, wie uns diverse Schilderungen von Idyllen auf dem Bauernhof
vorgaukeln wollen. Freilaufende Hühner heißt es da. Schön und gut, aber was ist
mit freilaufenden Bäuerinnen? Wo gibt es die? Kein Urlaub, harte Arbeit von
früh bis spät. Bevor die menschliche Bewegungsfreiheit nicht sichergestellt
ist, sollte man sich um das Wohlergehen von Hühnern nicht allzu große Sorgen
machen.
Man
ist den Hennen mit der naturnahen Bodenhaltung
doch schon weitestgehend entgegengekommen, aber Hühner sind ganz einfach
asoziale Wesen, die nicht im Traum daran denken, für die Obhut und aufopfernde
Pflege auch nur einen Funken Dankbarkeit zu zeigen. Auserlesenes Futter wird
ihnen zu geregelten Zeiten und in ausreichender Menge vorgelegt (sogar eine
Nachtjause ist eingeplant). Wohl schätzen diese Vögel auch die präventive
Verabreichung diverser Antibiotika nicht in gebührender Weise. Der
Geflügelhalter scheut nicht einmal die hohen Stromkosten und gönnt seinen
Schutzbefohlenen sogar Stimmung aufhellendes Licht in der Nacht.
Der
mitfühlende Züchter stutzt die Krallen und Schnäbel seiner ihm Anvertrauten, eifrig
darauf bedacht, die Streitsucht der Hennen auf humane Weise hintan zu halten.
Und was tun sie, die Hühner? Sie sind aufsässig, lärmen unbegründet Tag und
Nacht, legen Eier, von deren innerer Anwendung abzuraten ist und liefern
Fleisch, das Männern stattliche Brüste wachsen lässt.
Was
soll der Mensch noch mehr an Zuwendung walten lassen? Er kennt und nennt alle
seine Schutzbefohlenen beim Namen, Huhn1 bis Huhn 12346, ja, sagen Sie doch,
wie kann man seine Zuneigung, die beinahe an Liebe grenzt, noch mehr beweisen?
Solchem Undank kann man nur mit wirksamem Boykott begegnen. Man kaufe einfach keine Eier und schon gar
keine Hühner aus solchen Paradiesen, dann werden diese verwöhnten Geschöpfe
schon sehen, wie weit sie kommen.
Satierische Geschichte, die dazu aufruft, zum "gemäßigten Wutbürger" zu mutieren, und seinen Frust über die militanten Veganer an Batteriehühnern (elektrisch betriebene Lebensmittel??) auszulassen. Darf Satire wirklich alles?!!
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