Der Storch ist deshalb so
bekannt, weil er zwar fliegt aber nicht geht. Er schreitet. Er schreitet auch
ein. Immer dann, wenn sich auf einem Flecken dieser Erde (einige Gegenden sind
aus unerfindlichen Gründen ausgenommen) ein sogenannter Kinderwunsch regt, der
genau betrachtet ja ein Elternwunsch ist. Ja, dann schreitet Adebar ein. Er bringt ein Körbchen ins Haus, dem man dann
ein niedliches, neues Familienmitglied entnehmen kann. Offensichtlich ohne den
Vogel dafür entlohnen zu müssen. Von Zuwendungen irgendwelcher Art ist nichts
bekannt, was auf eine gewisse Schäbigkeit junger Eltern schließen lässt. Wohlwollend
könnte man das auch einer gewissen Zerstreutheit des Ereignisses wegen
zuschreiben.
Zu erwähnen in diesem
Zusammenhang ist die Tatsache, dass Kinder eine grundsätzlich verschiedene, im
Ansatz schrecklich verdorbene Meinung von der Art und Weise, wie sich Nachwuchs
einstellt, haben. Für sie erfolgt Familienvergrößerung über lustvolle Zeugung,
Schwangerschaft und schmerzliche Geburt, ein Märchen, das man in aufgeklärten
Zeiten aus den Köpfen der Heranwachsenden zum Schutze ihrer seelischen
Gesundheit eliminieren sollte. Aufklärung hat noch keinem Kind geschadet.
Hier möchte ich, etwas
abweichend, die geradezu paradoxe Sichtweise der Frösche anführen. Froschkinder
glauben umfassend an die Zustellung durch Störche, während adulte Exemplare,
also Froscheltern, genau vom Gegenteil überzeugt sind. Für sie bringt Adebar
nicht, er holt.
Storchkinder glauben sowohl an
Zeugung als auch Lieferung durch die eigenen Artverwandten. Wundert es da, dass
diese Vögel in eine innere Zerrissenheit verfallen, ein unstetes Verhalten zur
Schau stellen, das sich am deutlichsten durch den alljährlichen Flug nach
Afrika zeigt, wo es ihnen dann aber auch wieder nicht passt und sie – hier
zeigt sich eine handfeste Paranoia – wieder zurück fliegen.
Aus all diesen Anmerkungen ist zu
ersehen, dass Aufklärung das Um und Auf moderner Erziehung sein sollte. Dazu
eignet sich die anschauliche Geschichte mit dem Storch bestens.
Bei uns hat man - aus Dankbarkeit? - dem Klapperstorch Würfelzucker aufs Fensterbrett gelegt. Ja, ich stimme Dir zu. Aufklärung allein kann dem Nachwuchs jeglicher Art den Aberglauben austreiben.
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