Meine Schwester fängt Mäuse, Hausmäuse der Art Mus musculus (kein Hinweis auf
die Körperkraft des Wesens). Sie macht das nicht beruflich, nein, nein. Sie fängt Mäuse, die sich im Zustand völliger
Desorientierung oder, was wahrscheinlicher ist, auf der Suche nach Leckerbissen
und bequemer Unterkunft in die Küche, ins Wohnzimmer oder gar ins Schlafzimmer
verirrt haben.
Wer jetzt meint, die
Tochter meiner Eltern hätte eine verständliche Abneigung gegen Mus musculus im
Haus, der irrt. Liebend gern würde sie die Kostgänger in ihren Räumlichkeiten
beherbergen, vielleicht sogar umsorgen, kosen gar, jedenfalls verhätscheln.
Aber sie ist der Meinung, begründet oder nicht, dass sich eine Maus in so
unmittelbarer Nähe der Menschen einfach nicht wohl fühlen kann, alleine schon
des Geruches wegen. Menschen menscheln.
So fängt sie eben diese
niedlichen Tierchen, wann immer sie eines erspäht. Es sind deren nicht viele,
aufs Jahr verteilt eigentlich sehr wenige. Alles andere wäre gelogen und würde
die Vorstellung über die Ordnung und Sauberkeit in ihrem Haus etwas verzerren,
das mit wenigen Abstrichen als schabenfrei bezeichnet werden kann und in dem ein
Kammerjäger erbärmlicher Armut anheim gestellt würde.
Nun wissen wir, warum meine
Schwester die hurtigen, knopfäugigen Nager fangen will, werfen wir jetzt aber
einen Blick auf das wesentlich interessantere Wie. Sie setzt auf Psychologie und Verhaltenslehre, auf
Hausmausethologie sozusagen. Nicht, dass sie diese Wissensgebiete studiert oder
sich angelesen hätte, nein sie handelt intuitiv, aus dem Bauchgefühl heraus.
Ja, das kann sie und das
tut sie. So bringt sie auf kurzen Zuruf ganze Schafherden zum Blöken, auf kaum
merkliche Zeichen lassen sich Hühner ins Gras fallen, so wie man das nur von
Zirkuspferden kennt, die einer langen Dressur unterworfen worden waren. Mit
einem Augenzwinkern veranlasst sie Eichhörnchen dazu, in ganz und gar
unnatürlicher Weise, Kuhmilch zu schlürfen. Etwas, was diese Tiere in freier
Natur nicht einmal in ärgster nutritiver Bedrängnis tun würden.
Ja, das alles ist sehr
beeindruckend, aber wie fängt sie jetzt Mäuse? Dazu bedient sie sich einer
Pappröhre, wie man sie zum Postversand verwendet und wie sie in jedem Haushalt
zu finden ist. Die Maus, trotz der aufmunternden Zurufe stark verunsichert,
sieht das offene Ende der Röhre, erkennt ein Loch, ein schwarzes, vermutet darin den Zutritt zu einem dunklen
Gang, der ihr optimalen Schutz gewähren könnte, schlüpft hinein und wäre nach
entsprechender Frankierung fertig zum Versand. Meine Schwester versendet sie aber
nicht, sie trägt die Maus aus dem Haus, nicht allzu weit weg, sonst würde das
Tier ja nicht mehr zurück finden, wenn es einer besonderen Fürsorge oder eines
trockenen Obdaches bedürfte.
Klar, dass sich das Spiel
wiederholt. Man kann durchaus
behaupten, dass die Mäuse an dieser Art der Vertilgung Gefallen finden und
nicht daran denken, das Haus fürderhin zu meiden.
Schade, dass es so einen Film schon gibt. Die Geschichte Deiner Schwester wäre als "Die Mäuseflüsterin" bestimmt ein Welterfolg geworden.
AntwortenLöschen;-)))